Hochtannbergpass – Das Glas Milch vor dem Zubettgehen

Einfach mal so

Es war einer dieser Samstage, die einfach keine Fahrt aufnehmen wollten. Ich war in der Nacht zuvor schon Draussen unterwegs gewesen um ein paar Nightscapes aufzunehmen (Artikel hierzu folgt noch) und bin dadurch erst gegen Mittag aufgestanden. Gefühlt 3 Std. in der Boxershort saß ich dann am Tisch, genoss meinen Kaffee, checkte die Wetterdaten, importierte die Ergebnisse vom Vortag und gähnte mir einen Ast ab. So richtig zufrieden war ich mit nichts an diesem Morgen, die Tasse Kaffee hiervon mal ausgenommen. Schon die Nacht zuvor war geprägt von vielen Wolken und irgendwie sah der Himmel an diesem Tag auch nicht viel besser aus.
Irgendwann war der Punkt gekommen, an dem die “Exitstrategie” des Tages beschlossen werden musste. Entweder ginge ich jetzt für eine Stunde, oder Zwei, ins Bett oder ich unternehme irgendetwas. Ich habe mich für “irgendetwas” entschieden. Entgegen den vorherrschenden Witterungsverhältnissen, sollte es trotzdem in den Bergen sein. Trotz des Wetters brannte mein Mittagspippi und darauf das ist immer Verlass. Ich warf ein paar Bergpässe und andere Ziele in den Topf und zog den Flexenpass in Vorarlberg. 1773 m über dem Meeresspiegel sollten wohl aussreichen.
Es wurde also die Ausrüstung zusammengepackt, die Frau an den Rucksack geklemmt und das Haus verlassen. Ohne Schlüssel natürlich *doh*. Die Abfahrt sollte sich dadurch um ein paar Minuten verzögern, da wir erst noch einen Koch in seiner Mittagspause rausklingen mussten, der uns am Ende den Ersatzschlüssel brachte. Wie Ihr seht, die Sterne standen schon zu Beginn sehr gut für uns.

Durch das Yosmitetal der Alpen

Ich fahre beruflich viel Autobahn und deshalb bevorzuge ich privat überwiegend Nebenstraßen. Auch der Landschaftshalber. Um zum Flexenpass zu kommen, wählte ich die Route über Oberstaufen – Krumbach – Mellau – Schoppernau – Hohentannbergpass – Warth – Lech – Flexenpass. Hmm… Mellau und Schoppernau? War da nicht mal was? Jupp, da war mal was.

Wir ersparten uns den einst besungenen Fußmarsch und fuhren gemütlich mit dem PKW durch das Voralberger Land und den Bregenzer Wald. Ein wahrlich beeindruckendes Tal an der Bregenzer Ach entlang, wo die schorfe Wände der Kanisfluhkette auch aus dem Yosmite Nationalpark der US of A stammen könnte. Der nächste Fotospot ist also schon gefunden *lach*.
Am Ende des Tales bei dem kleinen Ort Schröcken angekommen, ging es dann endlich hoch auf den Hochtannbergpass. Um auf den Flexenpass zu kommen, musste dieser nämlich zunächst von uns  zunächst passiert werden. Er dient zugleich als Verbindungspass zum Flexenpass, Arlbergpass und zur Bieler Höhe, stellt aber mit 1.676 m den niedrigsten Pass der Vieren dar.

Ein bisschen Stimmung

Auf dem Weg zur Passhöhe Hochtannbergpass riss der wolkenbedeckte Himmel ein wenig auf und es bot sich ein schöner Godray. Ich hielt kurz am Straßenrand an, um diesen einfangen zu können. Wie es der Zufall so möchte, war genau dort nämlich so ziemlich die einzigste Parkmöglichkeit bis zur Passhöhe. Das ganze Schauspiel dauerte nur etwa 3 Minuten.
Nach einer kleinen Reviermarkierpause auf der Passhöhe, ging es zunächst weiter bis Warth. Das Wetter hatte sich nun etwas verschlechtert und der Nieselregen brasselte auf die Windschutzscheibe meines schwarzen Ritters. Kurz vor Warth kämpfte sich die Sonne erneut durch die Wolken. Was das bedeutet? REGENBOGÄÄN! Und so war es dann tatsächlich auch. Am Straßenbauamt kurz vor Warth, konnten wir halten und die Stimmung einfangen. Immer im Blick hierbei der Biberkopf, der zugleich den südlichsten Punkt Deutschlands markiert.
Von Warth ging es nun über Lech auf den Flexenpass. Die Anfahrt nach Lech weiss von dieser Richtung aus durchaus zu beeindrucken. Nicht weil die enge und kurvenreiche Höhenstraße so Spass macht, sondern weil man ständig auf das hinter Lech liegende Omeshorn (2557m) zusteuert. Ein super Anblick!

Geil! Würde Lech nicht gerade von gefühlt 30 Baukrähnen geziert werden, würde ich glatt hier anhalten.

Das waren meine Worte zu Hoochi, als wir Lech passiert hatten. Deshalb auch ein kleiner Fotografentipp von mir. Die Sonne wird das Omeshorn und die dahinterliegenden Gipfel und Felswände anleuchten am Abend. Diesen Anblick werde ich mir definitiv mal noch geben! Von Lech ging es nun weiter durch das Geisterdorf Zürs, um danach endlich am Flexenpass anzukommen. Zürs ist deshalb ein Geisterdorf, weil dort im Sommer alles geschlossen und verriegelt ist. Der Wintertourismus ist hier wohl so ertragsstark, dass man im Sommer die Hotels dunkel, verlassen und geschlossen halten kann. Irgendwo in irgendeinem der geschlossenen Hotels, wird aber sicherlich der ein oder andere Schriftsteller gerade an einem neuen Roman arbeiten.

Zurück zum Glück

Am Flexenpass angekommen, machte sich bei mir zunächst Ernüchterung breit. Der Pass war als Fotospot einfach nicht geeignet. Zu eingeengt ist man dort zwischen all den Gipfeln und zu imposant waren die Ausblicke, die sich uns zuvor boten. Nach nur einem kurzen Aufenthalt, fuhr ich zunächst weiter durch die engen Tunnels in Richtung Arlbergpass. Den Blick durch das Arlberger Talin Richtung Bludenz kann man sich aber sparen. Zwar tronen die Alpen herrlich schön am Horizont, aber das komplette Tal wird durch eine abgrundtief hässliche Stromstrasse durchschnitten. Hölle sah das scheisse aus!
Somit war die Entscheidung gefallen. Zurück über Lech und Warth zum Hochtannbergpass! Es setzte auch schon langsam die Dämmerung ein und wir konntne keine lange Diskussion darüber starten. Ich konnte keine lange Diskussion darüber starten *lach*. Der Flexenpass wird mich aber definitiv nochmals in Empfang nehmen. Dann jedoch werde ich, mit Bergschuhen im Gepäck, zu der ein oder anderen Scharte nach oben laufen.
Am Hochtannbergpass angekommen, wählten wir die Erhebung des Simmelbergs als unseren Fotospot aus. Man ist hier etwas abseits von der doch viel befahrenen Passstraße und die Hotelanlage des Hotel Adler bleibt im Verborgenen. Kleine Anmerkung am Rande. Auf dem 15 Minuten Fußmarsch zu dem Gipfelkreuz, passiert man die namensgebene Simmelkapelle. Ein Schild dort erinnert daran, dass diese vor ein paar Jahren nach einem Blitzeinschlag fast vollständig zerstört wurde.
Was sicherlich auch noch interessant sein dürfte: Wenn Ihr von Richtung Schröcken auf die Passhöhe kommt, werden Euch massig Parkplätze angeboten. Das Problem: Diese sind kostenpflichtig! Fahrt hier einfach am Simmelberg vorbei und kurz vor dem Hotel kommen kostenfreie Kiesparkplätze am Wegesrand.

Lasst die Show beginnen

Oben angekommen, wurde zunächst bei einer deftigen Brotzeit der Rundumblick genossen. Im Schatten des Widdersteins lädt der Ausblick zugleich zum Verweilen ein. Kurz vor Sonnenuntergang schossen wir dann aber die ersten Bilder. Schließlich waren wir ja nicht zum Spass hier.
Ich hatte da mal wieder so ein Bild im Kopf. Sonnenuntergang, Dämmerung, Milchstraße und das alles in einem Bild. Ich plazierte also das Stativ mit der Kamera in geeigneter Position und schoss diese Bilderserie. Die Zeit zwischen den Bilder bestand aus warten und essen. Warten ist sowieso ein gutes Stichwort. Das Wetter war nicht berauschend, auf der Anhöhe ging ein leichter Wind und der Himmel war immer noch bewölkt.

Jetzt warten wir einfach mal bis 22:00 Uhr und ansonsten fahren wir zurück.

Waren meine mit Bedacht gewählten Worte. Um ca. 21:00 Uhr dann das erste Zeichen. Die Wolken am Himmel fingen plötzlich an sich zu lichten. Was für ein Glück in diesem Moment. Kurz nach 22:00 Uhr war der Himmel bereits fast komplett wolkenlos gewesen. Den Rest seht Ihr dann in der Galerie.
Wir hatten echt wahnsinniges Glück. Um 2:00 Uhr Nachts zogen nämlich wieder Wolken auf und der Himmel wurde zeugleich mit einem leichten Dunst überzogen. Zeit die Zelte abzubrechen. Mein Plan sah noch vor in Mellau auch ein paar Sternchen zu knipsen, aber dort war der Himmel bereits komplett zugezogen. So ging es über Krumbach und Oberstaufen wieder zurück in die Heimat.

Des Technikfreaks kleiner Fauxpas

Wie jeder weiss bin ich ja ein absoluter Technikfreak, wenn es ums Fotografieren geht. Am Liebsten würde ich mich nur über Rauschverhalten, Sensorgrößen, Beugungsdingsbums, Blendenlamellen, Schärfe und Glasqualität unterhalten. Nicht. Trotzdem hier mal noch kurz ein wenig was zu den technischen Gegebenheiten. Die Bilder waren – mal von der eher suboptimalen Nacht davor – die Ersten mit der Kombination E-M5II und dem m.Zuiko 7-14mm 2.8 PRO. Alle Bilder die ihr hier zu Gesicht bekommt, wurden mit ISO 3200, Blende 2.8 und einer Belichtungszeit von 25 Sekunden aufgenommen. Das Panorama wurde einreihig und hochkant geschossen. Die daraus resultierenden 7 Einzelbilder wurden später zusammengesetzt. Ja, die Sternschnuppe auf dem Panorama ist ebenfalls echt und wurde in der Nachbearbeitung natürlich noch etwas verstärkt. Die Krümmung in der Sternschnuppenlinie kam im Übrigen durch das entzerren des Bildes zustande.
Das zweite Panorama mit dem Gipfelkreuz des Simmelberges und meiner Taschenlampe, wurde im Querformat mit 3 Aufnahmen aufgenommen. Es sollte ein Test werden und dieser ist gelungen. Mit dem Foto selbst bin ich aber nicht wirklich zufrieden, hier hätte ich es definitiv zweireihig gestalten müssen. Naja, es kann eben nicht immer alles gutgehen.
Ein kleiner Fauxpas ist mir dann am Ende doch noch passiert. Durch all die Aufregung des Sternenhimmels, den ersten Aufnahmen mit der neuen Kombi und der Motivwahl, hatte ich den Darkframe völlig vergessen. Diesen habe ich natürlich im Standard immer deaktiviert und vergaß ihn zu aktivieren. Ich bewege mich mit meiner Kamera und der ISO am absoluten Oberlimit was das Rauschverhalten angeht. Klar, sie könnte auch höher, aber dann möchte ich die Bilder ehrlich gesagt nicht mehr auf 105cm x 75cm ausdrucken. Bis ISO 3200 habe ich absolut gute Erfahrungen damit gemacht. Die Gründe wieso das Ding rauscht sind mir jedoch gänzlich egal. Sie kann bis ISO X und produziert dabei Bilder Y mit Rauschen Z. Kurz, ich kenne meine Kamera und kenne Ihre Limits, die mir bewusst sind und vor allem ausreichen.
Egal, kein Darkframe bedeutete auf jedenfall ein Hotpixelmassaker. Bei Bildern ohne Vordergrund konnte ich das in der Nachbearbeitung ohne Probleme kaschieren. Im Himmel selbst fällt soetwas kaum auf. So war am Ende doch einiges an Nachbearbeitung von Nöten, aber es hat sich gelohnt wie ich finde. Mit dem Output bin ich trotzdem mehr als zufrieden und mit dem kompletten Tagesausflug, durch eine wunderschöne Landschaft, sowieso.

Darüber hinaus:

Das Panoramabild der Milchstrasse wurde in der c’t Heise Fotografie zum Bild des Tages gewählt, bekam dadurch auch eine extra Erwähnung in einem Artikel bei der c’t und wurde zugleich als Titelbild des Artikels ausgewählt.
Ebenfalls wird dieses erwähnte Panorama zusammen mit einer Aufnahme aus der Perseiden-Nacht (Artikel erscheint noch) demnächst in einer Zeitschrift veröffentlicht. Welche das genau sein wird, werde ich nach Erscheinen hier nachliefern.

Ergebnisse:

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